Der Weg in die Psychotherapie
Menschen entschließen sich aus den unterschiedlichsten Gründen und Anlässen zur Aufnahme einer Psychotherapie. Meist dauert es eine Weile, bis diese Entscheidung zur Tat führt und Telefonate geführt werden. Möglicherweise haben Freunde oder Angehörige einen Impuls gegeben, mitunter auch der Hausarzt oder ein Facharzt. Beginnt dann die Suche nach einem Psychotherapeuten, macht sich häufig schnell Ernüchterung breit: Es gibt viele „Psych“-Berufen, die für Betroffene teilweise nur schwer unterscheidbar sind. Findet man dann die kassenzugelassenen Psychotherapeuten, muss man feststellen, dass es da z.B. Tiefenpsychologen und Verhaltenstherapeuten gibt. Und vor allem lange Wartelisten.
Nachfolgend möchte ich Ihnen kurz und vereinfacht die Berufsgruppen und Fachrichtungen vorstellen. Die Darstellung erhebt keinen Anspruch auf exakte Korrektheit und ist auch nicht erschöpfend. Sie soll Ihnen lediglich helfen, eine erste Begriffsbestimmung vorzunehmen.
Berufsgruppen
Psychiater sind studierte Mediziner, die eine Spezialisierung auf psychische Erkrankungen erworben haben. In erster Linie behandeln sie mithilfe von Medikamenten, für ausführliche und regelmäßige Gespräche ist in der Regel keine Zeit. Bei vielen Erkrankungen kann es aber durchaus sinnvoll sein, auch in Ergänzung zu einer Psychotherapie eine medikamentöse Behandlung bei einem Spezialisten in Anspruch zu nehmen.
Neurologen sind studierte Mediziner, die sich auf Erkrankungen des Nervensystems spezialisiert haben. Mit den klassischen psychischen Störungen befassen sie sich i.d.R. weniger, sondern eher mit Funktionsstörungen, z.B. nach einem Schlaganfall oder bei Epilepsie, Multipler Sklerose usw. Es gibt jedoch auch häufig Fachärzte, die sowohl Psychiater als auch Neurologen sind. Teilweise findet sich dafür auch noch der alte Begriff Nervenarzt.
Psychologische Psychotherapeuten sind studierte Psychologen, die im Anschluss an ihr Universitätsstudium eine mehrjährige, meist berufsbegleitende Weiterbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten absolviert haben. In diesen mindestens 4200 Stunden haben sie in unterschiedlichen Konstellationen gearbeitet: Sowohl in psychiatrischen Krankenhäusern, als auch in psychosomatischen Einrichtungen oder Praxen und in der Psychotherapieambulanz. Psychologische Psychotherapeuten dürfen keine Medikamente verordnen oder Arbeitsunfähigkeiten feststellen.
Neben den Psychologischen Psychotherapeuten gibt es auch ärztliche Psychotherapeuten, deren Hintergründe jedoch sehr stark variieren. Insofern sind hier allgemeine Aussagen schwierig. Es gibt klassischerweise Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, Fachärzte für Psychosomatische Medizin, Fachärzte für Psychotherapie/Psychoanalyse. Daneben bezeichnen sich auch teilweise ganz andere Ärzte wie z.B. Anästhesiologen oder Chirurgen als ärztliche Psychotherapeuten, wenn sie eine sog. „Zusatzbezeichnung Psychotherapie“ erworben haben.
Heilpraktiker für Psychotherapie werden nicht nach einer gesetzlich definierten Ausbildungsordnung qualifiziert. Tatsächlich gibt es im eigentlichen Wortsinn keine Ausbildung zum Heilpraktiker. Nach dem Heilpraktikergesetz von 1938 kann Heilpraktiker im Wesentlichen jeder Mensch werden, der a) das 25. Lebensjahr vollendet hat, b) einen Volksschulabschluss (also 8. Klasse) aufweisen kann und c) keine Gefahr für die Volksgesundheit darstellt (Führungszeugnis und ärztliches Attest). Es gibt keine gesetzliche Schweigepflicht für Heilpraktiker. Eine Aufsicht durch eine Kammer wie bei Ärzten und Psychotherapeuten gibt es nicht. Die Kosten für Heilpraktiker können von der Gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich nicht erstattet werden.
Die Wahl des Therapieverfahrens
Psychotherapie ist ein insgesamt in seiner Wirksamkeit sehr gut belegtes Heilverfahren. Dabei gibt es viele hunderte Therapieansätze und „Schulen“. Welche Therapieform die beste ist, kann allgemeingültig kaum beantwortet werden. Es gibt vor allem Hinweise auf eine hohe Wirksamkeit der Verhaltenstherapie, jedoch können je nach individuellen Neigungen und Schwerpunktsetzungen auch andere Therapieformen sinnvoll erscheinen. Hier kann es möglicherweise sinnvoll sein, sich von einem Arzt beraten zu lassen oder probatorische Sitzungen in Anspruch zu nehmen und zu schauen, welches Vorgehen einem persönlich am geeignetsten erscheint.
Vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie in Deutschland als wissenschaftlich anerkannte Verfahren und Methoden sind:
- Verhaltenstherapie,
- psychodynamische Psychotherapie (umfasst analytische Psychotherapie und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie),
- Gesprächspsychotherapie,
- Systemische Psychotherapie,
- neuropsychologische Therapie (bei organisch bedingten psychischen Störungen),
- Interpersonelle Therapie (IPT; bei affektiven Störungen und Essstörungen),
- EMDR-Methode (zur Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung),
- Hypnotherapie (zur Raucherentwöhnung und zur Mitbehandlung bei somatischen Erkrankungen).
Für Patienten besonders relevant ist natürlich auch die Frage nach der Kostenübernahme. Damit ein Verfahren von den Gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden kann, muss es durch den Gemeinsamen Bundesausschuss sozialrechtlich anerkannt sein. Man spricht hierbei von den sog. Richtlinienverfahren:
- Analytische Psychotherapie,
- tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und
- Verhaltenstherapie.
Die analytische Psychotherapie (Psychoanalyse) ist kommt den landläufigen Vorstellungen von Psychotherapie wohl noch am nächsten. Sie findet tatsächlich häufig „auf der Couch“ liegend statt und die Kindheit bzw. das Verhältnis zu Mutter und Vater werden sehr stark fokussiert. In erster Linie geht es hier um das Verstehen problematischer Prozesse, die die Ursache für die aktuellen Konflikte und Probleme darstellen, wegen der ein Patient in Behandlung gekommen ist. Die Therapie ist meist sehr zeitintensiv (mit bis zu 3 Terminen pro Woche und mehreren hundert Stunden Gesamtumfang).
Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie fußt auf ähnlichen Grundkonzepten wie die analytische Psychotherapie. Das Störungsmodell ist ähnlich, die Behandlungstechnik unterscheidet sich hingegen. Wie auch die analytische Psychotherapie konzentriert sich auch die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie am stärksten auf das Verstehen innerpsychischer Konflikte, ist dabei jedoch meist deutlich fokussierter, näher an den aktuellen Konflikten und Problemen und stärker im Hier und Jetzt verankert. Die tiefenpsychologisch fundierte Langzeittherapie dauert 80 Stunden.
Die Verhaltenstherapie begreift psychische Störungen zunächst als erlerntes Verhalten, das nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten erworben worden ist und auch wieder verlernt bzw. umgelernt werden kann. Von zentraler Bedeutung sind hierbei Verhaltensanalysen, in denen die Symptomatik auf den Ebenen Denken, Fühlen, Verhalten und Körperprozesse erfasst werden. Häufig spielen unangemessene gedankliche Verarbeitungen oder irrationale Überzeugungen eine Rolle bei der Entstehung, Ausbreitung und Aufrechterhaltung der Störung. Diese werden in der Therapie herausgearbeitet und bearbeitet. Der Fokus der Behandlung liegt stärker auf der Bewältigung von Problemen, wobei zunehmend auch Prozesse thematisiert werden, wie die ungünstigen Denk- und Empfindensmuster erworben worden sind. Die verhaltenstherapeutische Langzeittherapie dauert 60 Stunden.
Für nähere Informationen stehen weitere Informationen auf der Website der Bundespsychotherapeutenkammer zur Verfügung.